Hallo meine Lieben,
es ist mal wieder Zeit für einen neuen Blogeintrag. Ich drücke mich da ja bisher immer recht darum. Für einen guten Blogeintrag brauche ich Zeit und Muße – und vorallem einen Grund.
Diesen habe ich heute.
Das Thema beschäftigt mich schon sehr lange und dank eines glücklichen Zufalls bin ich nun endlich da, wo ich eigentlich die ganze Zeit hinwollte, aber nicht wusste, wo dieses „da“ denn überhaupt ist.
Es geht um das Thema Neugeborenenfotografie.
Wie ihr wisst, biete ich das ja an und JA, ich liebe es. Ich liebe diese gespannte Atmosphäre, dieses aufgeregte „Hallo! Pssst er schläft schon“ von euch, das mich jedesmal schon an der Wohnungstür empfängt, dieser stolze Blick, mit dem ihr mich zum ersten Mal an die Wiege eures Winzlings führt und jedes Tränchen in den Augen, das ihr bekommt, wenn man euer Kind gebührend bestaunt.
Ich bin fasziniert davon, wie man das Glück förmlich knistern hört. Die verschmitzt ums Eck guckende Oma, die auf den großen Bruder aufpasst und natürlich nichts verpassen will. Der schüchtern an Mamas Rockzipfel hängende große Bruder, der überhaupt nicht weiß, was ich mit meinem riesigen Hintergrundsystem bei ihm auf dem Wohnzimmerboden mache und warum sein Geschwisterchen soviel Aufmerksamkeit bekommt.
All das ist unfassbar schön mitzuerleben. Ich darf für kurze Zeit mit euch durch diesen Ausnahmezustand gehen, in dem ihr euch alle gerade befindet. Ich darf euer kleines, großes Wunder für immer festhalten – auf Papier natürlich ;)
Der Hintergrund wird aufgebaut, die Deko hindrapiert, Blumen dazu und das Baby in eine Decke gewick – und stop!
Hier beginnt mein Dilemma. Das ist mein Problem an der Art Neugeborenenfotografie, wie ich sie die ganze Zeit betrieben habe oder besser gesagt, betreiben wollte. Mir ist es von Anfang an unfassbar schwergefallen, dieses kleine Wesen in Posen zu legen. Nicht, weil ich Angst habe, es könnte zerbrechen. Sondern weil ich mich innerlich gesperrt habe, ein so natürliches, für mich fast schon heiliges Lebewesen in diese Pose zu legen, nach links drehen, rechts drehen, Hütchen grade machen, Decke enger wickeln..
Mir ist in letzter Zeit oft die Frage gekommen, warum man als Fotograf anstrebt, eine natürliche Neugeborenenfotografie anzubieten, wenn man im gleichen Atemzug paradoxerweise mit einem Sammelsurium an Schnickschnack antritt.
Da stellte ich mir die Frage: Ich möchte natürliche Bilder machen – warum fotografiere ich dann unnatürliche Dinge?
Ich war so verzweifelt und ratlos, dass ich kurz davor war, das Thema „Neugeborene“ komplett nicht mehr anzubieten, da es mich wahnsinnig gemacht hat. Es macht unheimlich viel Spaß und es gibt einem so viel. Ich möchte weiterhin Neugeborene fotografieren.
Aber nicht SO.
Ein Neugeborenes, und das wurde mir erst in der letzten Woche klar, gehört (für mich) nicht in einen Korb, sondern zu seiner Mutter. DAS ist natürlich.
Wir schwärmen alle immer von der Liebe, die ein Baby in uns hervorruft, wir feiern diese Unberührtheit, dieses Vollkommene, dieses Reine. Doch der erwachsene Mensch, der sein ganzes Leben und seine Umgebung um sich herum unbedingt „optimieren“ und „verschönern“ will, sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und fängt an, diese Vollkommenheit mit rosa Tütüs und Flugzeugen zu zerstören.
Fotos von Babys, die auf Torten-Etageren liegen, sind ohne Zweifel in gewissermaßen süß. Aber für mich nun ab sofort nicht mehr das, was ich anbieten möchte.
Noch dazu habe ich sehr großen Respekt vor dem neuen Leben. So groß, dass ich finde, dass ich als Fremde in dieser sensiblen Anfangsphase nichts oder nur sehr wenig am Kind verloren habe. Das Band zwischen Mutter und Kind ist für mich heilig. Ich möchte, dass ihr noch eine Weile ungestört in eurer Seifenblase leben könnt. Ich möchte mich nicht zwischen euch drängen, möchte nicht hier herumzuppeln und da den Kopf eures Schützlings drehen, weil mich die Position noch nicht ganz glücklich macht.
Was ich möchte: Erinnerungen schaffen von einer Zeit, wie sie wirklich war. Augenblicke festhalten ZWISCHEN EUCH, zwischen Mutter und Kind, Familie. Interaktionen. Wirkliche Emotionen, die über das „Ach, wie süß“ hinausgehen. Ich möchte, dass du anfängst zu weinen, wenn du endlich deine Bilder in der Hand hältst, weil du siehst, wie wunderbar du als stillende Mutter mit deinem Kind bist. Ich möchte eure Verbindung noch sichtbarer machen, als sie eh schon ist. Ich möchte, dass du das Glück greifen und in Händen halten kannst. Auf Papier hast du dein Glück auf immer festgehalten, auch dann noch, wenn dein Kind schon längst flügge geworden ist. Diese Zeit ist unfassbar kurz und kostbar. Diese Zeit kann euch keiner nehmen und ich möchte sie nicht verschwenden, in dem ich euch nicht so fotografiere, wie ihr wirklich seid.
Ich hoffe, ich bin dem ein oder anderen nicht auf den Schlips getreten.
Bitte schreibt mir, wenn ihr denkt, ihr möchtet mehr als süße Bilder. Lass uns eure Geschichte festhalten.
Alles Liebe, Michaela
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